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Schon seit vielen Jahren pflege ich eine intensive und enge Beziehung zum Haus Flyfishing Europe in Delecke am Möhnesee. Über die Zeit hinweg wurde ich von einem normalen Kunden zu einem Vertrauten, ja sogar Freund des Hauses. Natürlich intensivierte sich mit der Zeit auch die inzwischen als freundschaftlich zu bezeichnende Beziehung zur Geschäftsführerin Mirjana Pavlic, modern auch mal gerne Managing Director genannt.

In den letzten Jahren war ich nahezu auf jeder Veranstaltung im Haus zu finden und habe diese bildhaft auf Speicherkarte dokumentiert, wurde auch schon mal auf kleinere Feierlichkeiten im Kreis der Angestellten eingeladen. Nur eines blieb mir bis vor kurzem noch verwehrt, und das obwohl der Vorschlag von Mirjana Pavlic selber gekommen war: Einmal mit ihr zusammen am Wasser ein paar schöne Stunden verbringen. Ich denke es war noch zu Zeiten, als die gebürtige Slowenin die Möhne als “Hausstrecke“ bewirtschaftete, wo dieses gemeinsame Unterfangen das erste Mal spruchreif wurde. Bis vor kurzem blieb es aber bei dem Vorhaben, denn es ist bekanntlich ja immer etwas und eine viel beschäftigte Geschäftsfrau stellt natürlich private Prioritäten denen beruflicher Natur hinten an. Vielleicht war es ein steigendes schlechtes Gewissen ihrerseits oder die Gunst der Stunde, welche sich in diesem Jahr wegen eines durch Corona bedingt komplett ausfallenden Events bot – inzwischen kann ich jedenfalls vermelden: Mission completed, ein lange von mir gehegter Wunsch wurde inzwischen in die Tat umgesetzt!

Ein wenig zum Hintergrund: Zwar konnte nun die Obere Möhne nicht mehr als Destination für unser Fischen herhalten, aber die Obere Lenne prädestinierte sich aufgrund eines geplanten Projektes für ein deutsches Fliegenfischermagazin.

Mitte September war es dann (vermeintlich) soweit und Mirjana konnte sich einen Tag frei machen, um mit mir fischen zu gehen. Ich befand mich schon im Anflug auf das Ladenlokal, als sie mich anrief und mir kurzer Hand von einer kleinen Planänderung berichtete. Ein guter Kunde hatte das ganze Wochenende an der Oberen Lenne bei Schmallenberg verbracht und Mirjana fürchtete nun, dass das Flossenwild, zu Recht verschreckt und gestresst, an dem Tag nicht mitspielen würde. Zudem war der Wasserstand auch aufgrund einer temporären Hitzewelle ebenfalls als suboptimal zu bewerten. Somit hatte sie als Ausweichziel spontan die Ruhr bei Neheim auserkoren. Hinsichtlich einer Gewässervorstellung der Lenne war das kontraproduktiv, aber immerhin eine gute Gelegenheit, um sich endlich auch mal hinsichtlich der Fischerei näher kennen zu lernen und zu sehen, ob man in diesem Bereich harmoniert. Lange Rede, kurzer Sinn: Der Tag an der Ruhr als Ausweichziel war für uns beide äußerst schön und kurzweilig. Wir hatten eine Menge Spaß und konnten uns am Ende beide über unsere Fänge erfreuen. Für mich war der Tag zudem noch sehr erkenntnisreich, den ich konnte eine weitere Facette von Mirjana kennen lernen, nämlich die der Vollblut-Fliegenfischerin welche, einmal vom Jagdfieber gepackt, alles um sich herum vergisst und unglaubliche Energie aufbringen kann. Wahrhaftig… jene Bilder, welche im Ladenlokal hängen bzw. auf den Internetseiten von Flyfishing Europe zu sehen sind, zeigen keine Selbstdarstellerin, welche lediglich einen Fisch zum posieren in die Hand gedrückt bekommt und am Wasser gekonnt mit der Hüfte schwingen kann – sie sind eindrucksvoller Beleg einer unglaublich kompletten und leidenschaftlichen Fliegenfischerin, die ihr Handwerk von A bis Z versteht. Wieselflink und voller Energie ließ sie mich an den Ufern der Ruhr alt aussehen. Ich tröste mich aber damit, dass dieser Umstand bei mir dem viele Jahre andauernden Konsum jener unsäglichen Glimmstengel geschuldet ist. Nach unseren ersten gemeinsamen Erfahrungen am Fischwasser war nun der Damm gebrochen und schon zwei Wochen später stand endlich die Lenne auf dem Terminplan!

Die derzeitige Corona-Pandemie ist nicht nur etwas, was sich weitab im Fernsehen abzuspielen scheint, sondern betrifft auch mich. Seit Monaten habe ich im beruflichen Umfeld mit Kurzarbeit zu tun. Die leidige, temporäre Arbeitszeitverkürzung hat aber ab und an auch einen positiven Effekt: Hin und wieder kann ich einen Tag “Kurzarbeit“ für meine Passion nutzen und Fischen gehen. So auch an diesem Montagmorgen Anfang Oktober. Wie verabredet parkte ich um 9:30 Uhr den Wagen vor dem Ladenlokal von Flyfishing Europe und betrat das Geschäft. Nach kurzer Wartezeit, die ich für die Begutachtung der Herbstneuheiten und für eine Tasse Kaffee nutzte, begrüßte mich meine attraktive Gastgeberin und so stand der Fahrt in Richtung Schmallenberg nichts mehr im Weg. Fast nichts, denn diese verzögerte sich doch noch ein wenig, weil Mirjana noch eine Weile am Telefon gefangen war. Ein guter Kunde plante wohl einen Huchentrip und so gab Mirjana bereitwillig Tipps zu Technik und Taktik, Ausrüstung und jene wissenswerten Details, welche man bei der Pirsch auf den Donaulachs beachten sollte. Nach dieser kleinen Verzögerung machten wir uns dann aber auf den Weg durch das Sauerland und nutzten die dreiviertelstündige Fahrtzeit für Anekdoten, die mit der Fischerei zu tun hatten.

Am frühen Mittag parkte Mirjana ihren Wagen dann an einer Lennebrücke und wir stärkten uns erst einmal mit einigen belegten Brötchen. Unterhalb der Brücke plätscherte die junge Lenne über ein kleines Wehr vor sich hin. Kaum zu glauben, das dieser kleine Wiesenbach irgendwann in seinem Verlauf zum größten und wichtigstem Zufluss der Ruhr wird. Hier im Schmallenberger Sauerland mäandriert sie weitestgehend unberührt durch die reizvolle Mittelgebirgslandschaft des Hochsauerlandes. Nicht weit von hier befindet sich auf dem Kahlen Asten in 825 Meter Höhe über NN ihre Wiege. Die Nähe zur Quelle mit seinem kalten Wasser weist den strukturreichen Bach als “Forellenregion“ aus, auch wenn hier und da auch mal die ein oder andere Äsche den Bestand an Bach- und Regenbogenforellen auflockert. Die Lady of the Stream ist ja bekanntlich der Leitfisch des Mittel- und Unterlaufs der Lenne, auch wenn dieser Umstand durch das Auftauchen des Kormorans Mitte der neunziger Jahre ad Absurdum geführt wurde.

Was würde fischereilich wohl zu erwarten sein? Ich rechnete erst einmal mit wilden Bachforellen, welche wohl kaum eine stattliche Größe erreichen sollten.
Mirjana und ich streiften die Wathosen über und machten die Fliegenruten fertig. An solch einem überschaubaren Bach mit der stellenweise doch recht dichten Ufervegetation in Form von Bäumen und Sträuchern wäre eine lange Rute unangebracht. Ruten von 7 ½ bis 8 1/2 Fuß in Schnurklassen von #4 bis 5# sind an solchen Gewässern meine bevorzugte Wahl. Sie sind kurz genug, um auch auf engerem Raum Überkopfwürfe zu ermöglichen und lang genug, um komfortabel Rollwürfe auf größere Distanz zu bewerkstelligen. Doch zurück zum Geschehen:

Wir warfen noch einen Blick auf das kleine Wehr vor der Brücke und den dahinter befindlichen Pool, in dem hin und wieder ein Ring vom Vorhandensein diverser schuppiger Bewohner zeugte. Dass es dieser wenige Quadratmeter große Gumpen in sich hatte, würde sich schon bald eindrucksvoll zeigen! Ich folgte Mirjana, welche zielstrebig den Einstieg in das Bachbett vor dem Wehr hinter sich ließ. Als Linkshänder platzierte ich mich auf der rechten Uferseite, während sich Mirjana linksseitig positionierte. Sie gewährte mir als Gast den ersten Versuch. Aufgrund der erwähnten Steigaktivität hatte ich mich für eine kleine CDC-Trockenfliege in gedeckter Farbe entschieden. Nach wenigen Würfen hing dann auch schon der erste Fisch – eine handlange Regenbogenforelle, noch im Jugendkleid, hatte sich von der Fliegenimitation täuschen lassen. Nun war Mirjana an der Reihe. Sie hatte sich für eine braune Goldkopfnymphe entschieden und schlenzte diese in den Gumpen. Fischt man zu zweit, dann ist es am Anfang nicht verkehrt auf unterschiedliche Taktiken zu setzen, damit die erfolgreichere von beiden Fischern verfolgt werden kann! Kaum war Mirjanas Nymphe abgetaucht, bog sich ihre Rute eindrucksvoll. Eine schöne Bachforelle von gut 35 Zentimetern hatte diese inhaliert. Ein eindrucksvoller Fisch für solch ein Kleingewässer!

Nun wechselte ich geläutert ebenfalls auf ein entsprechendes Nymphenmuster und überredete wenig später eine Rotgetupfte von 25+… kein Riese, aber ein schöner Fisch. Erneut präsentierte meine Gastgeberin gekonnt und zielgenau ihre Nymphe und was dann geschah hätte ich an diesem Bach nicht für möglich gehalten. Eine stattliche Regenbogenforelle, geschätzt zwischen 45 und 50 Zentimeter groß, widersetzte sich dem drohenden Landgang und mischte den kleinen Pool auf. Ein paar Sprünge und Fluchten später musste sie sich dann doch geschlagen geben. Petri Heil Mirjana!

Fliegenfischen auf Forellen im Sauerland

Selbst diese erfahrene Bachbewohnerin war nicht vor Mirjanas Fliegenfischer-Künsten sicher.

Einige Würfe und Fische später war der Pool unterhalb des Wehres aber endgültig ausgefischt und die Fische verprellt. Wir beschlossen einen Stellungswechsel. Inzwischen hatte leichter Regen eingesetzt. Meine sündhaft teure Simms G3 Watjacke lag wohl behütet im trockenen Auto und Mirjana fragte, ob ich die nicht holen wolle. Ich entschied mich dagegen und scheute ein wenig Feuchtigkeit nicht. „Nicht dass ich dich völlig durchnässt, so wie Gott dich geschaffen hat, wieder mit zurück nehmen muss!“ scherzte meine Begleiterin noch. Dass Nässe noch eine Rolle spielen würde, ahnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Wir schlenderten einige hundert Meter Bach aufwärts und bezogen an einer viel versprechenden Stelle erneut “Gefechtsposition“. Hier floss die Lenne in einer leichten Biegung mit Pool dahin und hatte mit der Zeit ein Prallufer unterspült. Auch hier düpierte mich meine Gastgeberin eindrucksvoll. Wieder fing ich eine Trutte in der Größenklasse, wie man sie hier erwarten würde, während Mirjana mir einen respektablen Fisch von gut 38 Zentimetern präsentieren konnte. Der leidige Regen hatte inzwischen nachgelassen und es wurde Zeit den nächsten Hotspot in Angriff zu nehmen. Mirjana führte mich zu einer Stelle, die ich als Ortsunkundiger sicherlich nicht beachtet hätte und beriet mich, wo und wie ich meine Nymphe am besten platzieren sollte. Ein paar Würfe später hatte ich dann auch tatsächlich eine gute 35er Regenbogenforelle am Band und konnte diese nach kurzer Gegenwehr wieder ihrem Element übergeben. Inzwischen war es später Nachmittag geworden und es wurde Zeit wieder Richtung Auto zu gehen. Auf dem Rückweg verlor ich Mirjana kurz aus den Augen, hörte Sie aber irgendwo hinter der dichten Ufervegetation rufen. Ich erspähte meine Gastgeberin dann am Ufer der Lenne und folgte ihr. Sie hatte sich am gegenüberliegenden Ufer an einem großen, verlockenden Pool platziert und schlenzte einen Streamer flussab.

Ich betrat den steinigen Grund der Lenne, um diese ebenfalls zu queren und fand mich kurze Zeit später rücklings im Bachbett wieder. Der Untergrund bestand aus gröberen Steinen, die unglaublich glitschig waren und die Fortbewegung über diese an eine Fahrt mit Sommerreifen auf vereister Fahrbahn glich – zumindest in Verbindung mit einer Gummisohle. Filz oder Spikes hätten hier das Malheur wohl verhindern können. Doch ich hatte Glück im Unglück! Meine Gastgeberin hatte die peinliche Schmach nicht so richtig mitbekommen und wurde nur durch meine Flüche aufmerksam. Also schnell aufstehen und so tun, als wenn nichts gewesen wäre! Und prompt streckte es mich erneut nieder!!! Diese Mal endete die Aktion jedoch in schallendem Gelächter meiner Begleiterin.
Mit der bittersüßen Erheiterung meiner Gastgeberin, ein wenig verletztem Stolz und einem nassen Ärmel meines Pullovers hielt sich der Schaden meiner persönlichen Lenne-Taufe jedoch in Grenzen. Ich zog es aber dann doch vor, Mirjana dabei zuzusehen, wie Sie den Pool systematisch abfischte. Immer wieder zeugten respektable Nachläufer vom guten Fischbestand der Lenne. Allerdings konnte Mirjana lediglich eine Regenbogenforelle in Portionsgröße sicher landen. Die besseren Fische stiegen aus. Auch das gehört zur Fischerei dazu!

Wir beschlossen den Tag am Pool unterhalb vom kleinen Wehr ausklingen zu lassen. Vielleicht hatte sich das Flossenwild dort ja wieder beruhigt. Immer noch mit einem Streamer am Vorfach ausgerüstet konnte die hübsche Slowenin auch tatsächlich noch ein paar gute Fische verhaften, während meine Bemühungen erfolglos blieben und keine Früchte trugen. Was für ein schöner und erfolgreicher Tag am Busen von Mutter Natur! Mit frischen Eindrücken und tollen Bildern im Gepäck traten wir dann zufrieden die Heimreise an.

Wenn Sie nun mit dem Gedanken spielen auch einmal die Obere Lenne mit ihren tollen Fischen zu befischen… tun Sie es! Eine tolle Landschaft in Kombination mit einer herausfordernden Fischerei erwartet Sie. Spielen die Bewohner des Baches mit, können Sie hier wahre Sternstunden erleben!!!

Fischerei Lenne bei Schmallenberg